Unterwasser Atmen
Ich verlasse die Wohnung und sehe beim zurückschauen mein Kind
Das mir von einem Bild aus zu lacht
Ich bin seit vier Wochen getrennt von meiner Freundin
Wir waren neun Jahre zusammen
Unsere Kleine, sie taumelt derzeit wie ein Schiff zwischen den Bergen
Und Tälern des Verstehens und sie hält sich, besser als gedacht
Sie lacht nach wie vor wie in alten Zeiten
Und manchmal weint sie und ist sauer, denn sie spürt das etwas endet
Aber sie ist stark und will haben so wie wir
Aus vollen Eimern und sie bekommt nie genug
So wie wir nie genug bekommen
Zu Anfang der Beziehung redeten wir oft über das Urvertrauen das uns verbindet
Denn wir hatten so viel davon
So viel, dass wir nun am Ende keine Angst haben nicht mal Wut
Nur bedauern und das wird uns zu Freunden machen
Unsere Termine, unsere Vorstellungen die wir in unseren Parallelwelten
Zusammenbauten, trennten uns bis einer kam
Der jetzt in ihrer Welt Platz nehmen kann
Wir bleiben uns verbunden durch eine Fünfjährige
Die unsere Herzen balanciert ohne es zu bemerken
Denn ihres schlägt so unablässig und leidenschaftlich zurück
Dass das den meisten Teil des Windes ausmacht der ihren Drachen in der Luft hält
Ich nehme mir eine Karre und fahre los
Koppel' mein Handy mit dem Auto und Niels Frevert singt von Muscheln und Geigen
Ich lasse das Fenster runter und der warme Sommerwind streichelt meine Gedanken
Meine Gedanken, ein ständiger Wasserfall
Der gespeist aus kaum auszumachenden Quellen die Ufer eines Flusses füllt
In dem ich immer zu schwimmen versuche
Immer wenn ich unter Wasser atmen kann weiß ich das ich träume
Ich bin ein Spätzünder, etwas laid-back um nicht der Schnellste zu sein
Hält zumindest mein Interesse länger wach hab' ich gemerkt
Und Interesse hält mich lebendig, ich bin ein schlechter Spieler
Das glauben die meisten von sich, ich finde Verlieren auch scheiße
Aber hey, gewinnen wir nicht immer diesen einen Blickwinkel dazu?
Und hey Oma, hast du das Glas immer halb voll oder halb leer gesehen?
„Mein Junge, ich habe mich immer für's Glas interessiert“
Ich mag es mich so in die Welt zu verlieben
(Ich mag es mich so in die Welt zu verlieben)
Ich bin auf dem Weg zu zwei kleinen Konzerten die ich heute habe
Und später in der Nacht treffe ich ein Mädchen
Ich traf sie bisher immer nur im vorübergehen
Immer war sie irgendwie irre und lustig und schön und laut
Aber mehr wusste ich nicht von ihr
Einmal bei einer Verabschiedung strichen unsere Hände auseinander
So vorsichtig, dass es mir auffiel
Als sich unsere Fingerspitzen trennten blieb ein Gefühl das mir sagte
„Bis zum nächsten mal
Ich fand ihre Nummer heraus und ich fragte sie
Ob sie diesen langen Tag mit mir beenden wolle?
Sie sagte: „Ja“
Dieser Tag liegt nun vor mir wie ein Staffellauf
Pro Gig sind es nur zwei Songs, irgendwie seltsam
Wie zu wenig Wasser im Pool
1930 Elbphilharmonie
Ich bin das Erste mal in diesem angeblich neuen Wahrzeichen Hamburgs
Nun, schaue ich durch die Glasfront hinaus auf den Industriehafen
In dem hellen weißen Raum steht ein Steinway-Piano
Eine Kapsel, Kaffeemaschine ohne Kapseln und drei Wasser, Sitzgelegenheiten
Mein Blick fliegt über die Docks und ich erinnere mich daran
Wie wir damals vor fünfundzwanzig Jahren
Das erste Mal auf den Elbbrücken das Stadteingangsschild passierten
Da drückten wir eine Kassette in den Schlitz und es lief "Boys are back in town"
Und die Lichter des Hafens links und rechts
Waren wie ein Feuerwerk das sich tief in meinem Inneren spiegelte
Im inneren eines dreiundzwanzig Jährigen der kaum Luft bekam vor Aufregung
(Boys are back in town, boys are back in town, boys are back in town)
Aus dem Warteraum werden wir nach unten geführt
Ich spiele und mache ein paar Späse und halte den Auftritt auf dem Drahtseil
Einer Show aus zwei Liedern
Dann rase ich mit dem Auto in den Stadtpark zu meinem Gastauftritt
Ich komme gerade so an, ich renne hinein stehe nervös am Bühnenrand
Und sie kommt um die Ecke
Ich bin aus der Puste und sie sieht gut aus und ich such' nach Worten
Doch ich muss schon auf die Bühne
Ich singe und singe und das Licht geht an und das Licht aus, Applaus, Adios
Schon ist es zu Ende und fängt irgendwie wieder an
Ich rauche
Wir sitzen im Backstage und reden mit allen möglichen Leuten
Denn die Nacht geht uns nicht verloren
Ich trinke seit viereinhalb Jahren nicht mehr, deshalb kann ich fahren
Wir nehmen den fetten SUV eines Freundes, ich sage ihm
„Immer wenn du nicht da bist kotze ich ab über diese Karren
Aber fahren macht schon Spaß, du Arsch“
Sie sitzt hinten und ich beobachte sie im Rückspiegel
In der Daniela-Bar stehen drei ihrer Freunde, was mich überrascht, egal
Vorstellung, Anstoßen, und schon zehn Minuten später quatschen wir über
Geschichten die wir schon fast vergessen hatten und über Jugendsünden und
Internetpornos und Kiffen und die dritte Staffel von „Black Mirror“
Sie steht da mit einem Kollegen und sie kommen sich immer näher
Später verabschieden sie sich eng und vertraut
Und auch ich verabschiede mich in Gedanken den ich denke sie geht mit ihm
Train yourself to let go (of everything you fear to loose)
Doch sie bleibt
Es ist der Rauch der an meinen Augen vorbei
Aus meinem Mund aufsteigt oder fall ich vorbei und alles füllt sich
Mit Leichtigkeit
Ist das der Rauch der da an meinen Augen vorbei
Aus meinem Mund aufsteigt oder fall ich vorbei und alles füllt sich
Mit Leichtigkeit, mit Leichtigkeit
Wir sitzen und reden noch zwei Stunden
Kommen uns näher doch wir geben keine Show
Wir gehen, wir nehmen uns ein Auto durch die Nacht
Reißen die Musikanlage auf und singen und die Freiheit ist ein Schiff
Das zwischen Wellen, Bergen und Tälern die Beherrschung verlieren will
Wir finden einen Parkplatz und sie tanzt zu ACDC hinter dem Auto
Ich dreh' ein Musikvideo mit der Rückfahrtkamera
Die drei Typen die gegenüber am Kiosk stehen beschimpfen sie laut
Doch sie geht auf die Jungs zu und schlichtet den Disput wie eine routinierte Kindergärtnerin
Wir ziehen weiter in die Babara-Bar, stehen an der Theke und sie beginnt wieder zu tanzen
Nimmt meine Hand und sagt: „Willst du eigentlich küssen?“
Ab hier trennen sich unserer Lippen kaum noch
Ich tanze um sieben Uhr morgens lachend zur aufgehenden Sonne
Ich rufe: „Oh yeah, diese Stadt, bin ich froh hier gestrandet zu sein“
Dabei ist es mein Leben dass mich am Ende eines Tunnels hat aufblitzen lassen
Ohne einen Ausblick darauf werfen zu müssen wie das hier ausgeht für uns
Jetzt geht es gerade an und nur das zählt
Wir gehen zu ihr
Ich spiele in der Küche das eigentliche Konzert für das ich nicht gebucht war
Und es ist viel Wasser im Pool
Wir gehen ins Bett und küssen uns
Bis wir unter Wasser atmen können