Zwischenräume

Konstantin Wecker

Ich traf Dich gestern nacht in Deinen Zwischenräumen
und hatte etwas Zeit, sie auszufüllen.
Du konntest währenddessen von der großen Liebe träumen,
ich war darauf bedacht, Dich zu enthüllen.

Ich blätterte an Dir, da lagst Du endlich
entblättert, karg und hilflos da.
Ich zeigte mich dafür erkenntlich
und legte mich zu Dir und war Dir nah.

Und bin in Deine zarten Träume eingebrochen.
Und nahm Dir Deinen Prinzen wieder weg.
Und bin ganz traumlos, aber ganz in Dich gekrochen:
das hatte keinen Sinn, das hatte keinen Zweck.

Das war nur ein Moment, der ohne Lügen
den Kreislauf dieser Welt zum Stehen brachte.
Wir konnten zwanglos über uns verfügen,
und da war nichts, was uns beschränkte und bewachte.

Und da war nichts mehr, was uns uns verbot.
Wir schnitten die Verbote einfach ab.
Die Zeigefinger unsrer Väter und die Atemnot
und alles das, wofür man uns erzogen hat.

Du siehst, man kann auch ohne Traumprinz lieben.
Du gibst Dich Dir, sonst nichts, und ohne Angst
siehst Du Dich einig werden mit den Trieben,
und Du erkennst, daß Du Jahrhunderte bezwangst.

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