Die feine Gesellschaft

Konstantin Wecker

Wieder tippeln sie los und machen Offerten,
verbeugen sich, stecken sich Schmiergelder zu,
erlaben sich in Kurkonzerten,
besichtigen Häuser in Malibu.
"Entzückend, gnä Frau, Ihr Kleid, keine Frage.
Nur erste Adresse. L.A., Paris."
Und so weiter. Am Ende: "Wir sehn uns, die Tage.
Die Kurse steigen. Das Wetter ist mies."

Die feine Gesellschaft am Rande des Abgrunds
hat immer noch alles fest im Griff.
Sie stehen am Ruder und lieben die Klippen
und verlassen als erste das sinkende Schiff.

Sie eröffnen am laufenden Band Galerien,
bestellen sich Kunst und Kleider en gros.
Tätigen wohl in den Tuillerien
und tätscheln dem Personal den Po.

"Pardon, ich wollte...
na, das kann doch passieren -
wir treffen uns im November, na klar,
soll doch der Pöbel zuhause frieren,
wir fahren mal wieder nach Sansibar."

Die feine Gesellschaft am Rande des Abgrunds
hat immer noch alles fest im Griff.
Sie stehen am Ruder und lieben die Klippen
und verlassen als erste das sinkende Schiff.

Manchmal treffen sie sich, geheim in Bünden,
kaufen sich wieder Politiker ein,
entstressen sich auf ihren Yachten und Pfründen,
schreiben sich in die Klatschspalten rein...

Ach, einmal möchten sie, so wie van Gogh,
an der Welt zerbrechen und an ihrem Genie!
Meine Herrschaften, etwas beruhigt mich doch:
Das schaffen sie nie!

Die feine Gesellschaft am Rande des Abgrunds
hat immer noch alles fest im Griff.
Sie stehen am Ruder und lieben die Klippen
und verlassen als erste das sinkende Schiff.

Spätere Fassung statt
soll doch der Pöbel zuhause frieren,
wir fahren mal wieder nach Sansibar
eingefügt
Fotoausstellung: Ästhetik der Schlieren,
statt Ibiza wieder mal Sansibar

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